Migradonna
 

Migradonna 2018

Bürgermeisterin Martina Rudowitz ehrt Lorenza Domer für ihren Einsatz in der Quartiersarbeit im Tossehof



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elsenkirchen hat eine neue Migradonna. Am Abend des 28. September 2018 hat Bürgermeisterin Martina Rudowitz das Ergebnis der diesjährigen Bewerbungsrunde bekanntgegeben und die von der sechsköpfigen Jury ausgewählte Kandidatin zur Migradonna gekürt: Lorenza Domer, die vor 24 Jahren aus Peru nach Deutschland kam und sich seit nunmehr elf Jahren in der Stadtteilarbeit in der Siedlung Tossehof engagiert.

In Vertretung von Serap Güler, Staatssekretärin für Integration beim Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW, die kurzfristig verhindert war, hielt Regina Hunke, Referentin im Ministerium (Referat 424: Integrationsagenturen, Migrantenselbstorganisationen, Anti-Diskriminierung) die Festrede.

Den Preis gestaltete in diesem Jahr die aus Polen stammende und seit 1988 in Essen lebende Künstlerin Wanda Korfanty-Bednarek.

Musikalisch umrahmt wurde die Verleihung durch das „Avîan Quartet“, einem Frauenstreichquartett mit der kurdischen Geigerin Nure Dlovani, der Jazzgeigerin Julia Brüssel, der Bratschistin Pauline Buss und der Crossover-Cellistin Beate Wolff. Das Ensemble bewegte sich über musikalische Grenzen hinweg und schlug auf erfrischende Weise eine Brücke zwischen Klassik und Moderne. Eigens arrangierte Lieder u.a. aus Deutschland, Armenien, Türkei, Iran und Irak bildeten das Repertoire und öffneten Horizonte für andere Kulturen, Traditionen und Lebensweisen.

Zur Preisverleihung hatte die Veranstaltergemeinschaft (Internationales Frauencafé im Lalok Libre in Kooperation mit der Stadt Gelsenkirchen und der Ehrenamtsagentur Gelsenkirchen e. V.) in den Kulturraum „die flora“ (Florastraße 26, 45879 Gelsenkirchen) eingeladen. Schirmherr ist Frank Baranowski, Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen. Die Veranstaltung wurde erneut unterstützt durch die Sparkasse Gelsenkirchen.




Fotos: © Kulturraum "die flora"



Zur Preisträgerin Lorenza Domer

vorgeschlagen von Detlev Czackowski, Tossehof-Beirat und Quartiersmanager

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orenza Domer
wurde am 20. Februar 1944 in Trujillo in Peru geboren, wo sie ihre Kindheit mit drei Geschwistern und drei Stiefgeschwistern verbrachte. Sie erlangte den allgemeinen Schulabschluss und schloss ein Lehramtsstudium für Biologie und Chemie an. Als Lehrerin arbeitete sie allerdings nie, sondern betätigte sich im Bereich der Fortbildung.

Das erste Mal in Europa war Frau Domer 1982, als sich Peru für die Fußballweltmeisterschaft in Spanien qualifizierte. Während ihres dreiwöchigen Aufenthalts unternahm sie eine Rundreise und lernte so neben dem Gastgeberland auch zahlreiche weitere Länder kennen, unter anderem auch Deutschland.

1994 reiste Frau Domer erneut nach Deutschland, dieses Mal nach Castrop-Rauxel auf Einladung einer Freundin. In dieser Zeit lernte sie Egon Domer kennen, ihren späteren Ehemann. Anstatt nach Peru zurückzukehren, blieb sie hier und bereits ein Jahr später heirateten sie und ihr Mann. Das Ehepaar unternahm viele Reisen innerhalb Deutschlands, wodurch Frau Domer einiges über die deutsche Kultur und Geschichte gelernt hat. Ihr Mann brachte ihr aber auch besonders die regionale Kultur nahe: Zechen, Schrebergärten, Kneipen. Eben typisch Ruhrgebiet. Nach 22 gemeinsamen Ehejahren ist Herr Domer im vergangenen Jahr verstorben.

Bereits seit 24 Jahren lebt Frau Domer im Tossehof und ist nun schon seit über einem Jahrzehnt ehrenamtlich dort in der Quartiersarbeit tätig, wo sie als fester Bestandteil gar nicht mehr weg zu denken ist. Sie verdeutlicht tagtäglich, wie wichtig bürgerschaftliches Engagement ist. Die Menschen um sich herum kann sie mit ihrer offenen Art für ihre Sache begeistern. Zu ihrem vielfältigen Engagement zählen unter anderem die Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen und Festen wie zum Beispiel die Tombola, die sie jährlich zum Nikolausmarkt organisiert. Zudem initiiert sie nachbarschaftliche Projekte wie den Tossehof-Chor und gehört seit vielen Jahren dem Beirat an.

Wenn sie nach ihrer Motivation für ihr Engagement gefragt wird, so antwortet sie, ihr sei der respektvolle Umgang von Menschen miteinander wichtig. Nationalität und Herkunft spielten dabei keine Rolle für sie; sie selbst fühle sich trotz ihrer Wahlheimat Gelsenkirchen Peru immer noch verbunden, ist sogar noch peruanische Staatsangehörige. Es sei nicht wichtig, welche Staatsangehörigkeit ein Mensch besitzt, findet sie. „Egal, welche Nationalität man hat, man ist an der Stelle, wo man sich gerade aufhält, zu Gast auf dieser Welt.“


Zur Künstlerin Wanda Korfanty-Bednarek

Zusammengestellt von Susanne Fischer, Gleichstellungsstelle

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anda Korfanty-Bednarek wurde 1960 in Polen geboren, ist verheiratet und hat zwei Kinder sowie ein Enkelkind. Seit 1988 lebt sie in Essen. Sie arbeitet sowohl als Web- und Printdesignerin als auch als freischaffende Künstlerin. Zusammen mit ihrem Ehemann Eugen Bednarek – ebenfalls vielseitig wirkender Künstler und Kunstlehrer – engagiert sie sich als Mitgestalterin im Projekt ZKE „Zusammen Kunst Erleben“ auf der „Zeche Königin Elisabeth“, einem sozialraumbezogenen Projekt, dass nicht nur in den Stadtteil Frillendorf in Essen hinein wirkt. Dort leitet sie die „Kleine Malschule“, die Kinder jeglicher Herkunft für Kunst begeistert. Zudem hat sie zusammen mit verschieden anderen Kreativen die Künstlergalerie „dieserArt“ in Essen-Rüttenscheid eröffnet, die unter dem Motto „Kunst macht glücklich“ Raum bietet für Ausstellungen, Begegnungen und Events.

Darüber hinaus engagiert sich Frau Korfanty-Bednarek seit Jahren für Frauenprojekte in Gelsenkirchen; z. B. bei der Mitgestaltung der Ausstellung „Zu wahr, um schön zu sein“ (Thema Brustkrebs), auch bei der Gestaltung von Info-Material zu diversen Frauenthemen (Flucht und Trauma, Frauenmahl, Benefiz für medica mondiale e.V. usw.). Sie steht in engem Kontakt mit dem Förderverein „Revierinitiative“ des Brustzentrums Ruhrgebiet in den Evangelischen Kliniken. Mit den Frauen dieses Vereins sowie dem Chefarzt Dr. Abdallah verbindet sie eine langjährige, vertrauensvolle Arbeitsbeziehung. Mit der Aufklärungs- und Plakataktion „ACHTE AUF DICH – Frauen sind schön, Brustkrebs nicht“ unterstützte sie ein wichtiges Anliegen lokaler Akteure.

Wanda Korfanty-Bednarek gestaltete den diesjährigen Preis in einer der ihr eigenen Ausdrucksform DIGITALEREI: „DIGITALEREI ist ein Wortspiel, in dem die Wörter DIGITAL und MALEREI zu einem Begriff verschmelzen. Es deutet den Charakter der Bilder an und die aufwändige Verfahrensweise, mit der die Künstlerin ihre Arbeiten anfertigt. Sie digitalisiert eigene Skizzen und Ölbilder, Akt-, Landschafts- und Moment-Aufnahmen. So entsteht eine Art digitale Palette, von der die verschiedenen Bilder zu einem neuen und komplexen Bild komponiert werden.“

Die Idee, die dem Kubus für die Migradonna 2018 innewohnt, soll die Verbindung zwischen Stärke und Unbeirrbarkeit einerseits und weiblicher Vielgestaltigkeit, Vielschichtigkeit andererseits herstellen: Das Holz als robuster und standfester Aspekt des engagierten und nachhaltigen Handelns der Migradonna-Preisträgerin wird verbunden mit – in vielen Schattierungen und Deutungsmöglichkeiten erscheinenden – Frauenansichten. So soll das Kunstwerk in Material und Gestaltung die ehrenamtliche Arbeit und das vielgestaltige Engagement der Preisträgerin auch künstlerisch würdigen.
Hinweis für die Redaktionen: Ein Foto von der Veranstaltung wird zur Verfügung gestellt.

***(Ap)28.09.2018


Die „Migradonna 2018“ in Gelsenkirchen ehrt eine Peruanerin

WAZ, Uli Kolmann, 30.09.2018


Lorenza Domar (links) freute sich sichtlich über die Auszeichnung – und über den Migradonna-Preis, den ihr Bürgermeisterin Martina Rudowitz in der Gelsenkirchener „Flora“ überreichte. (Foto: Joachim Kleine-Büning)

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ürgermeisterin Martina Rudowitz würdigte die diesjährige Preisträgerin, Lorenza Domar, in Gelsenkirchen für ihr Engagement im Tossehof.

Ein Preis von Migrantinnen für Migrantinnen und wohl der einzige seiner Art in Nordrhein-Westfalen, dieser Abend im Kulturraum „Flora“ schwelgte in Stolz und Feierlichkeit. Es galt immerhin, die „Migradonna 2018“ auszuzeichnen, bereits seit 2008 verliehen an „starke Frauen“, wie Festrednerin Regina Humke unterstrich, die Referentin im NRW-Ministerium für Flüchtlinge und Integration.

Der Name der Preisträgerin, auserkoren von einer sechsköpfigen Jury, blieb noch eine ganze Weile ungenannt, die Stimmung gleichermaßen gespannt wie wohlwollend im voll besetzten Saal an der Florastraße. Tonangebend im engsten Sinne leitete das Frauen-Streichquartett „Avian“ das Programm ein. „Avian“, aus einem kurdischen Dialekt, steht für „Tautropfen“. Die Saitenkünstlerinnen präsentierten gelungene, zum Teil eigene Arrangements kurdischer, armenischer, griechischer und deutscher Lieder und begleiteten sie sogar auch mit Gesang.

Seit 11 Jahren in der Siedlung aktiv

Bürgermeisterin Martina Rudowitz lüftete dann das Geheimnis und wandte sich an die „Migradonna 2018“, Lorenza Domer, die vor 24 Jahren aus Peru nach Deutschland kam und sich seit elf Jahren in der Stadtteilarbeit in der Siedlung Tossehof in Bulmke-Hüllen vielfältig engagiert.

„Sie kümmert sich, hilft überall, übernimmt den wichtigen Schlüsseldienst und sammelt sogar die Preise für die Tombola zu Weihnachten ein,“ zählte sie auf, „ist immer bereit, Menschen zusammen zu bringen und Kontakte zu knüpfen. Menschen wie sie muss es in dieser Stadt geben, weil sie der Kitt der Gesellschaft sind,“ begründete Rudowitz die Preisverleihung.

Die Liebe führte die Preisträgerin nach Deutschland

Eine sichtlich gerührte und aufgewühlte Preisträgerin Lorenza Domar dankte freudestrahlend und stolz. „Alles ist möglich, wenn wir es wollen,“ fasste sie ihr vielfältiges Engagement zusammen, und bekräftigte: „Der Tossehof ist ein toller Stadtteil.“ Nicht umsonst hatte sie Detlev Czackowski, Tossehof-Beirat und Quartiersmanager, für die Wahl vorgeschlagen.

Ihr Antrieb für das Miteinander in der Nachbarschaft begründete Domar damit, sie verstehe sich vor allem als „Gast auf dieser Welt“, wo auch immer sie sei. Das erste Mal in Europa war sie 1982, als Peru sich für die Fußball-WM in Spanien qualifizierte und sie eine dreiwöchigen Rundreise unternahm. Bis sie bei einem zweiten Besuch ihren späteren Ehemann Egon kennen lernte – und blieb.

>>Info: Die Künstlerin Wanda Korfany-Bednarek, wohnhaft in Essen, gestaltete den Preis in Form eines Kubus’ als Verbindung zwischen Stärke und Unbeirrbarkeit sowie weiblicher Vielgestaltigkeit andererseits. Ihren Stil nennt sie „Digitalerei“, lässt „digital“ und „Malerei“ verschmelzen

Quelle: https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/die-migradonna-2018-in-gelsenkirchen-ehrt-eine-peruanerin-id215450785.html



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